Es war vor fast 40 Jahren. Ich war ein guter Langstreckenläufer. Meine Dorfschule in Klockow, Kreis Prenzlau, hatte mich zum Kreismeisterlauf ins Ucker-Stadion nach Prenzlau delegiert. Noch heute kann ich mich gut an jenen Tag erinnern. Nach dem Start lag ich die ersten Minuten gut vorn. Doch das änderte sich bald. Als es auf den Endspurt ankam, verspürte ich starke Seitenstiche und die Luft wurde knapp. Die Kraft und Energie vom Anfang ließ rapide nach. Ich hatte mich zum Beginn zu stark verausgabt und die Schluss-Strecke nicht ausreichend kalkuliert. Am Ende belegte ich nur einen „hervorragenden 4. Platz“, wie der Wettkampfleiter es formulierte.
So wie mir damals die Puste ausging, geht es heute scheinbar vielen Zeitgenossen. Was Weihnachten anbelangt, halten sie nicht durch. Schon vor dem Beginn der Adventszeit erstrahlt zwar alles in weihnachtlichem Lichterglanz, doch den ganzen Januar hindurch bis Lichtmess, dem Fest zum Ende der Weihnachtszeit am 2. Februar, halten sie nicht durch. Hohe Stromkosten und nadelnde Weihnachtsbäume sind das Eine, Unwissenheit und Angepasstheit das Andere.
Im Zeitalter ständiger Veränderung übt man sich in Flexibilität und Multitasking. Andererseits wünschen sich viele Vereine und Firmen von ihren Mitgliedern bzw. Beschäftigten mehr Durchhaltevermögen und Standhaftigkeit. Vielleicht ist es gerade das, was wir wieder mehr brauchen: die Fähigkeit an einer Sache dranzubleiben, auch wenn es schwerfällt, nicht so schnell aufzugeben, Widerwärtigkeiten durchzustehen, um den nötigen Biss zu entwickeln.
Im Alltag erleben wir oft, dass am Anfang vieles nett und hübsch in Erscheinung tritt, am Anfang sind Energie und Motivation keine Frage. Am Ende kommt es aber auch darauf an, das Ziel zu erreichen, um die letzte Strecke noch zu schaffen. Wollen und Vollbringen sind zweierlei aber gehören dennoch zusammen.
Die Jahreslosung für 2020: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“ bringt diese Spannung zwischen Wollen und Vollbringen zum Ausdruck. Was für den Sportler regelmäßiges Training zur Zielerreichung bedeutet, ist für den Gläubigen die regelmäßige Beschäftigung mit Gottes Wort, Meditation und Gebet. Unsere Jahreslosung klingt wie ein Hilferuf und macht deutlich, dass die wesentlichen Dinge des Lebens nicht allein durch menschlichen Enthusiasmus gelingen. Ohne Gott, der Vermögen und Vollbringen schenkt, kommen wir schnell an unsere Grenzen.
Von Martin Luther ist der Satz überliefert: „Ist's Gottes Werk so wird's bestehen, ist's Menschen Werk so wird's vergehen“.
Zum neuen Jahr wünsche ich Ihnen viele neue Ideen, Ausdauer und Beständigkeit sowie Gelingen und Vollbringen.
Ihr Pastor
Bernhard Riedel